„Welche Zukunft für Europas Jugend?“ – Rückblick auf den Online-Jugenddialog am 5. Juli 2022

Vor welchen Herausforderungen steht die Jugend in Europa? Welche Auswirkungen hat der Krieg in der Ukraine auf die junge Generation? Über diese und weitere Fragen konnten die mehr als 45 Teilnehmenden bei dem Online-Jugenddialog am 5. Juli 2022 mit Emmeline Charenton, Bundessekretärin der Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Deutschland, und Max Lucks, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, diskutieren.

Seit rund vier Monaten dauert der russische Angriffskrieg in der Ukraine bereits an. Intensiv diskutiert wurden in dieser Zeit nicht nur die Frage nach Waffenlieferungen, Abhängigkeiten von russischen Energieträgern oder einem potenziellen EU-Beitritt der Ukraine, sondern auch eine mögliche Neugestaltung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Doch wie steht es um Europas Jugend? Um die, die flüchten mussten und um die, für die ein Krieg in Europa bis dato unvorstellbar schien? Und wie blicken sie in die Zukunft? 

Unser Medienpartner, das Online-Jugendmagazin „treffpunkteuropa.de“, berichtet auf seiner Webseite über den Online-Jugenddialog "Krieg in der Ukraine: Welche Zukunft für Europas Jugend?" vom 5. Juli 2022. Hier folgt ein kurzer Auszug:

„[…] Bereits bei den ersten Wortmeldungen an diesem Dienstagmittag wird deutlich, dass der Krieg gegen die Ukraine eine Zäsur für die gesamte europäische Gemeinschaft darstellt. Der Behauptung, dass viele junge Menschen in Deutschland und Europa durch die Geschehnisse seit dem 24. Februar 2022 noch stärker betroffen und fassungslos sind als viele Menschen im Erwachsenenalter, stimmen Max Lucks sowie Emmeline Charenton, die kurzfristig anstatt der verhinderten Daniela Broda (Vorsitzende des Deutschen Bundesjugendrings) die Diskussion bereicherte, ebenfalls zu. „Das Narrativ von ‘Alles ist gut’ ist seit dem russischen Angriffskrieg aufgebrochen”, gibt Lucks unumwunden zu. Charenton berichtet, dass ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg für die Jugend in der EU wie ein fernes Phänomen wirkte – und das trotz der Annexion der Krim im Jahr 2014 und dem Truppenaufmarsch im Vorfeld des Krieges. Lucks möchte die Sorgen der europäischen Jugend keinesfalls kleinreden, stellt aber dennoch fest: „Vom Krieg in der Ukraine sind in erster Linie Ukrainer:innen betroffen, die im Krieg aufwachten. Es leiden aber auch sehr viele junge Russ:innen, deren Zukunftsperspektive sich über Nacht völlig gewandelt hat.‟

Als die Abstimmung unter den Teilnehmer:innen ergibt, dass der Klimawandel noch vor Krieg in Europa und finanziellen Belastungen wie Jugendarbeitslosigkeit als präsentestes Problem betrachtet wird, macht sich Lucks für ein Umdenken stark. „Diese Herausforderungen sind so eng miteinander verwoben, dass eine Fokussierung auf das eine drängende Problem unmöglich ist.” Wichtig sei, dass bei politischen Entscheidungen weiterhin aber noch konsequenter immer mit einem erweiterten Sicherheitsbegriff gearbeitet werde, der alle Dimensionen von Sicherheit mitdenke. Charenton unterstützt Lucks Plädoyer ebenfalls, da auch ihr eine eindeutige Entscheidung bei der Umfrage sehr schwerfiele. […]

Andriy Kolobov, der aus Kyiv zugeschaltet war, ist für die Diskussion eine unverzichtbare Komponente. Nuanciert vermittelt er die Gefühlslage, aber auch die Forderungen junger Menschen in der Ukraine. Auch mehrere Monate nach Kriegsbeginn fordern junge Menschen von der deutschen Regierung und der Europäischen Kommission weiterhin stärkere Sanktionsmaßnahmen gegen Russland und die Lieferung von Waffen für die Verteidigung des eigenen Landes. Junge Menschen in der Ukraine seien auf der einen Seite als Soldat:innen im Einsatz, auf der anderen Seite engagieren sich viele Jugendliche durch Einsatz in humanitären und logistischen Bereichen. Was alle eint, sei der Wunsch in einer demokratischen und freien Ukraine in Frieden zu leben. Aber trotz dieser Einigkeit innerhalb der ukrainischen Jugend beobachte der Ukrainische Jugendring auch negative Entwicklungen, die von der eigenen Regierung ausgingen. Denn obwohl der Jugendring samt seiner Mitgliedsorganisationen die Voraussetzungen der „Jugend, Frieden und Sicherheit”-Agenda erfülle, seien junge Menschen noch nicht ausreichend in die Entscheidungsprozesse für menschliche Sicherheit und nachhaltigen Frieden eingebunden. Auch einen Mangel an frei zugänglichen Informationen beklagt Kolobov. Insgesamt sieht er es kritisch, dass die eigentlich geplanten Dezentralisierungsprozesse, von der auch die Zivilgesellschaft profitieren könnte, nun in vielen Bereichen verschwunden seien. Kolobov freut sich über eine mögliche europäische Perspektive der Ukraine, aber macht sich ebenfalls dafür stark, dass im Dialog über gemeinsame Ziele und unterschiedliche Bedürfnisse zwischen der Ukraine und der Europäischen Union noch mehr diverse Akteur:innen gehört werden müssen. Auch Lucks und Charenton bewerten den Kandidatenstatus der Ukraine positiv, sehen aber eine vorhergehende Reform der EU hinsichtlich sozialer und wirtschaftlicher Herausforderungen der Beitrittskandidaten als unumgänglich an.

Ein Thema, das bei einer deutschen Debatte um den Krieg in der Ukraine nicht fehlen darf, ist die Bundeswehr. Die Wiederbelebung der Wehrpflicht lehnen sowohl Charenton als auch Lucks ab. Beide machen deutlich, dass die veränderte Kriegslogik – hin zu divers geführten Kriegen – und die voranschreitende Technisierung des Militärs die Argumente für eine Wehrpflicht ins Leere laufen lassen. Trotzdem würde sich Charenton eine Bundeswehr in der Mitte der Gesellschaft wünschen und ist deshalb überzeugt: „Junge Menschen sollten die Möglichkeit erhalten, die Bundeswehr kennenzulernen.” Wie die in Deutschland lebende Jugend auf das Sondervermögen für die Bundeswehr im Umfang von 100 Milliarden Euro blickt, können Lucks und Charenton mit Gewissheit beide nicht beantworten. Lucks hat im Bundestag für das Sondervermögen gestimmt. Er verstehe aber trotzdem jeden jungen Menschen in seinem Wahlkreis, der sich wundere, weshalb 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr bereitgestellt werden, wenn der Investitionsstau in vielen anderen Bereichen unübersehbar sei. Er selbst weiß: Es liegt an Politiker:innen wie ihm selbst, mehr und besser zu erklären. […]“

Den vollständigen Artikel lesen Sie hier. Der Online-Jugenddialog wurde moderiert von Helena Sattler, freie Moderatorin. Kurze Meldungen und Fotos live vom Online-Bürgerdialog finden Sie auf unseren Kanälen in den sozialen Medien: TwitterFacebook und Instagram.

Ein breiter und offener Dialog ist uns wichtig, daher arbeiten wir mit einer Vielzahl von Partnern aus Politik und Zivilgesellschaft zusammen. Die Veranstaltung ist Teil des Bürgerdialogprojekts „Krieg in der Ukraine – Bürgerdialoge zur Zukunft der EU“. Die Veranstaltung wurde gefördert durch das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung und fand in Kooperation mit den Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Deutschland und dem National Youth Council of Ukraine (NYCUkraine) statt. Weitere Informationen zu unserer bundesweiten (Online-)Bürgerdialogreihe „Europa – Wir müssen reden!“ und alle aktuellen Termine finden Sie hier.