Begrüßt wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Mechtild Baumann, Studienleiterin der Europäischen Akademie, Birgit Kößling, Bundesgeschäftsführerin der Europa-Union Deutschland, und Tagungsleiter Heinrich Warneke von der VHS Landkreis Diepholz. Baumann stellte den Werdegang der Akademie als europäische Begegnungsstätte, die aktuellen Studienschwerpunkte und die Geschichte des Hauses vor. Birgit Kößling berichtete von der Arbeit der der Europa-Union und gab einen Überblick über die aktuellen Projekte.
Die meisten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten Berlin bereits mehrfach besucht. Sie brachten sowohl Interesse an Berlin als Bundeshauptstadt und europäische Metropole als auch an der Entwicklung der europäischen Integration mit.
In einem Werkstattbericht unter dem Titel „Europäische Union 2016: Was ist los in Brüssel und Straßburg?“ gab die Abgeordnete des Europäischen Parlamentes Sylvia-Yvonne Kaufmann einen aktuellen Überblick über ihre Arbeit in Brüssel und Straßburg. Dabei wurden auch die Aufgaben der Institutionen dargestellt und der europäische Gesetzgebungsweg erläutert.
Zu den Anfängen der europäischen Entwicklung führte der Dokumentarfilm „Gründerväter Europas – Adenauer, Schuman, Monnet“ aus dem Jahre 2010 von Ingo Espenschied, in dem in eindrucksvoller Weise die friedensstiftende Wirkung verdeutlicht wurde, die von der europäischen Integration ausging.
Das Thema „Europas Herausforderungen: Der Umgang mit der Flüchtlingsfrage“ wurde in einem Referat von Wolfgang Grenz behandelt. Grenz war als Jurist von 1979 bis 2013 hauptamtlich bei Amnesty International tätig, davon von 2011 bis 2013 als Generalsekretär in Deutschland. Nachdem er die Flüchtlingsfrage nach dem Völkerrecht und den unterschiedlichen nationalen Bestimmungen geklärt hatte, nahm er zu den bestehenden Menschenrechtsfragen in Verbindung mit den Flüchtlingswanderungen Stellung. Über diese Einschätzungen wurde im Anschluss diskutiert.
Unter dem Titel „Berlin aus politisch-historischer Perspektive“ führte Ursula Herrmann, Stadtführerin, Dozentin und Kunsthistorikerin, die Seminargruppe durch die Hauptstadt. Die Rundfahrt machte unter anderem am Tempelhofer Feld Station, wo Möglichkeiten der Stadtentwicklung auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens besprochen wurden. Ebenso machte die Seminargruppe im Treptower Park halt, um das sowjetische Ehrenmal in Augenschein zu nehmen.
Der Programmpunkt „Europas Herausforderungen: Die Eurokrise im Jahr 2016“ wurde mit einem Referat und anschließender Diskussion von Professor Michael Tolksdorf begleitet. Tolksdorf blickt auf eine langjährige Lehrtätigkeit an der Hochschule für Wirtschaft und Recht zurück, in der er auch Gastprofessuren in Japan und den USA wahrgenommen hat. In seinem Referat ging er auf die Entwicklung und Risiken des Euro ein, sowie auf die vorgesehenen Rettungsmechanismen der europäischen Währung.
In der Britischen Botschaft wurde die Gruppe zu einem Gespräch mit Botschaftsrat Nicholas Howard Leake, Leiter der Wirtschafts- und Europaabteilung, empfangen. Nach einem informativen Rundgang sprach Botschaftsrat Leake zum Thema „Neue Chancen für Europa? – Die britischen Vorschläge zur Reform der EU“. Dabei kamen die Hintergründe und Sichtweisen der britischen Bevölkerung zur Sprache, die möglicherweise zum Austritt von Großbritannien aus der EU führen könnten. Das Gespräch wurde in einer offenen und konstruktiven Art geführt, wobei Einigkeit darüber bestand, dass ein Austritt Großbritanniens aus der EU für alle Seiten überwiegend Nachteile in vielfältiger Hinsicht mit sich brächte.
In dem nachfolgenden Gespräch mit Otto Schmuck, der dem Präsidium der Europa-Union Deutschland angehört, wurden die Fakten und Hintergründe, die die Rolle Großbritanniens in der EU betreffen, nochmals beleuchtet. In der Diskussion wurde auch die Meinung vertreten, dass die Sonderrolle der Briten für die übrigen EU-Mitglieder zu einer Belastung führen könne und daher abgebaut werden müsse.
Auch kulturelle Akzente wurden im Seminarprogramm gesetzt. So sprach Professor Wolfgang Rathert, der als Musikwissenschaftler an der Ludwig-Maximilian-Universität in München lehrt, unter dem Titel „Europäische Identität in der Musik: Die Oper als zentrale Kunstform“ über Geschichte und Entwicklung der Oper in Europa.
In einer Zukunftswerkstatt unter dem Motto „Ideen sind gefragt“ erarbeitete die Seminargruppe Lösungsvorschläge zu den Themen Flüchtlingsfrage, Finanzkrise und Entwicklung der EU. Die Zukunftswerkstatt wurde in der Form eines World-Cafés durchgeführt. Dabei wurden drei Thementische eingerichtet, an denen die Teilnehmer in mehreren Runden und wechselnden Konstellationen zusammenarbeiteten. Moderiert wurden die Runden an den Tischen von Christian Moos, Generalsekretär der Europa-Union Deutschland, zum Thema Finanzkrise, Vincent Venus, Bundessekretär der Jungen Europäischen Föderalisten, zum Thema Entwicklung der EU und Katharina Borngässer, stellvertretende Bundesvorsitzende der JEF, zum Thema Flüchtlingspolitik. Das Format der Zukunftswerkstatt lud zu Kreativität ein und kam bei den Teilnehmern sehr gut an. Im Nachgang wurden die Vorschläge von der Tagungsleitung aufbereitet und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, sowie den Veranstaltern übermittelt.
In einem weiteren Programmpunkt unter dem Titel „Historisches Kalenderblatt: Der 8. Mai (1945) und die Auswirkung auf Europa“ referierte Manfred Görtemaker, Professor für Neuere Geschichte an der Universität Potsdam. Er spannte einen Bogen von der totalen und bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches im Jahre 1945 bis zur Gegenwart. Görtemaker machte deutlich, dass die europäische Einigung nach dem Zweiten Weltkrieg insbesondere für die US-Außenpolitik eine zentrale Rolle spielte. So sei auch die Haltung der US-Regierung zu erklären, die die deutsche Vereinigung im Jahre 1990 von Anfang an unterstützt habe. Gerade in jüngster Vergangenheit habe der scheidende Präsident Obama noch einmal deutlich gemacht, welche Bedeutung ein vereintes Europa für die USA habe.
Von der Seminargruppe wurde nach Abschluss der Bildungswoche ein sehr positives Fazit gezogen. Viele gaben an, durch das Seminar ein deutlich klareres Bild von den Verhältnissen in der Europäischen Union gewonnen zu haben. Auch aus Sicht der Veranstalter war das Seminar ein Erfolg. Das Format soll im nächsten Jahr fortgeführt werden.