Partizipation in Europa - Fachgespräch in Berlin

Bürger und Zivilgesellschaft werden immer noch nicht genügend in die Entscheidungsfindung auf europäischer Ebene eingebunden, waren sich die Experten der Podiumsdiskussion „Mechanismen für bürgernahe EU-Politikgestaltung“ am 12. November im Europäischen Haus in Berlin einig. EUD-Generalsekretär Christian Moos erinnerte vor diesem Hintergrund an Artikel 11 EUV, der unter anderem mit der Europäischen Bürgerinitiative neue Wege zu mehr Bürgerbeteiligung eröffnen sollte. „Repräsentative und partizipative Demokratie sind jedoch kein Widerspruch“ betonte Moos und unterstrich die wichtige Rolle der Parlamente in der Umsetzung des Bürgerwillens.

Er wünsche sich, dass das Europäische Parlament weiter gestärkt werde, sodass die Kommission zukünftig mit Blick auf die Regierungsbildung auf europäischer Ebene stärker als bisher von ihm abhängig sei. Großes Potential habe auch Artikel 12 EUV, der den nationalen Parlamenten Informations- und Beteiligungsmöglichkeiten eröffne, so Generalsekretär Moos.

Bernd Hüttemann vom Netzwerk EBD warb dafür, dass die handelnden Akteure im Gesetzgebungsprozess der organisierten Zivilgesellschaft mehr Gehör schenken. Im Gegenzug könnten Organisationen wie EBD und Europa-Union europäische Themen breit in die Gesellschaft streuen. Marie-Thérèse Duffy-Häusler von der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin stellte die Kommunikationsoffensive im Vorfeld der Europawahlen vor, die neben klassischen Publikumsformaten wie EU-Bürgerdialogen auch das Internet und die sozialen Medien verstärkt nutzt. Dass die Bürgerinnen und Bürger trotz großer Bemühungen von Seiten der Kommission und des Europäischen Parlaments nur wenig über ihre Partizipationsmöglichkeiten auf europäischer Ebene wissen, bestätigten auch Stimmen aus dem Publikum. Dies liege nicht zuletzt daran, dass die Unterstützung durch die Medien, die auf nationaler Ebene bei der Politikvermittlung vorhanden ist, auf europäischer Ebene so nicht existiere, erklärte Sabine Verheyen MdEP. Daher sei der direkte Austausch mit den Bürgern bei Wahlkreisterminen und Besuchergruppen im Europäischen Parlament ein wichtiger Teil ihrer Arbeit.

Heftig diskutiert wurde auch die Kürzung der Fördermittel für das Programm Europa für Bürgerinnen und Bürger. Sowohl die Podiumsgäste als auch das Publikum zeigten sich empört darüber, dass sich ausgerechnet im Europäischen Jahr der Bürgerinnen und Bürger die Mitgliedsstaaten angesichts leerer Staatskassen mit ihren Forderungen nach Kürzung in diesem wichtigen Bereich in den EU-Haushaltsverhandlungen durchgesetzt haben. Positiv wurde hingegen beurteilt, dass das Programm Erasmus+ in seiner neuen Form mehr Zuwendungen als bisher erhalten wird.

Die Podiumsdiskussion fand im Rahmen der Fachveranstaltung „EU-Förderung für Engagement und Partizipation in Europa“ der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland und der Kontaktstelle Deutschland „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ in Kooperation mit dem Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement und mit Unterstützung des Netzwerks EBD statt. Moderiert wurde sie von Dr. Frank Heuberger, Europabeauftragter des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement. Der Diskussion waren am Nachmittag Fachvorträge zu den EU-Programmen „JUGEND für Europa“, „Grundtvig“ und „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ vorausgegangen, die alle darauf ausgerichtet sind, gesellschaftliches Engagement und politische Beteiligung zu fördern. Besonders angesichts der Umstrukturierung der Programme in der neuen Förderperiode 2014-2020 traf die Veranstaltung auf große Resonanz.