Einigkeit gab es unter den Podiumsgästen darüber, dass Handlungsbedarf bestehe und Europa die Zeit davonlaufe, um vor der nächsten Europawahl im Jahr 2019 konkrete Erfolge zu erzielen. Grund hierfür sei, so Gabriele Bischoff, Mitglied des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, dass man zwar viel Zeit in die Analysen der Probleme Europas stecke, sich jedoch in der anschließenden Diskussion verliere und selten wirklich handele. Es bestehe eine akute Gefahr, dass Länder versuchten sich gegenseitig zu unterbieten und „Lohndumping“ zu betreiben. Dies dürfe man auf keinen Fall zulassen.
Susanne Wixforth, Deutscher Gewerkschaftsbund, sieht die Ursache für „Sozialdumping“ vor allem in den Entsenderichtlinien. Diese und viele andere Policies müssten reformiert werden. Das Problem sei, so Wixforth, dass Policies oft lediglich auf ihre wirtschaftlichen Konsequenzen geprüft würden. Ein wichtiger Schritt für ein soziales Europa sei es, auch soziale Konsequenzen im Vorhinein zu untersuchen. Für ein gerechteres Europa plädierte sie für eine Abkehr von der Deregulierungspolitik, für das Etablieren von mehr gemeinsamen europäischen Werten und ein europäischen Parlament mit Initiativrecht.
Prof. Dr. Miriam Hartlapp von der Freien Universität in Berlin sah die Ursache der Ungerechtigkeit in Europa in einem noch früheren Stadium: Sobald Gesetzesvorschläge eingereicht würden, könne man diese nur noch in einem gewissen Rahmen verändern. Bei einer, beispielsweise, liberalen Ausrichtung sei ein Richtungswechsel nicht mehr möglich. Des Weiteren sei die Wahrscheinlichkeit gering, Staaten ohne verbindliche Kollektivverträge zu sozialen Reformen zu bewegen.
Norbert Spinrath, MdB, Europapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, betonte die enormen Vorteile einer Angleichung der Lebensstandards in Europa. Mehr Löhne heiße auch mehr Kaufkraft, wodurch sich der Markt vergrößern und alle profitieren würden. Zudem würde eine Angleichung der sozialen Standards eine der größten Fluchtursachen bekämpfen. Um die genannten Ziele zu erreichen, müsse man laut Spinrath bereit sein, bei politischen Entscheidungen häufiger ein Risiko einzugehen und mit anderen Ländern vermehrt zusammenzuarbeiten.
Text: Nadja Schweizer, Institut für Europäische Politik (IEP)
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