Ist die EU ein Garant für Rechtsstaatlichkeit? – Austausch beim Bürgerdialog am 12. November 2021

Der vorletzte Online-Bürgerdialog des Jahres aus der Reihe „Europa - Wir müssen reden!“ fand am 12. November 2021 um 19:30 Uhr im Kontext des polnischen Verfassungsgerichtsurteils vom 7. Oktober und der Pushbacks an den EU-Außengrenzen (aktuell z.B. an der Grenze zu Belarus) statt.

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Zum Auftakt des Bundeskongresses der Europa-Union Deutschland diskutierten mehr als 70 Personen rund um die Themen Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Stärkung der europäischen Zivilgesellschaft. Rede und Antwort standen ihnen Prof. Dr. Eva Heidbreder, Professorin für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt „Regieren im europäischen Mehrebenensystem“ an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, und Niklas Nienaß, Mitglied des Europäischen Parlaments und Vorsitzender der Parlamentariergruppe der Europa-Union Deutschland.

Unser Medienpartner, das Online-Jugendmagazin „treffpunkteuropa.de“, berichtet auf seiner Webseite über den Online-Bürgerdialog „Rechtsstaatlichkeit ade? Die EU zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ vom 12. November 2021. Hier folgt ein kurzer Auszug:

„Wie bei jeder Bürgerdialog-Veranstaltung hatte das Publikum die Gelegenheit, Fragen zu stellen und sich aktiv an der Veranstaltung zu beteiligen. Die erste Frage hätte die Diskussionen um die Rechtsstaatlichkeit in der EU nicht besser zusammenfassen können: „Ist die EU nach wie vor der Garant für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, für die sie sich immer ausgibt?“. Die Einschätzung der Teilnehmenden lag irgendwo in der Mitte. […]

Heidbreder stellte klar, dass das EU-Kooperationsbündnis seit Jahren auf „wundersame“ Art und Weise funktioniere. Denn sich an Regeln zu halten, bedeute eben für viele Staaten, dass es ihnen besser gehe – vor allem in finanzieller Hinsicht. „Geld nur gegen Rechtsstaatlichkeit, Finanzierung nur für Werte“, so forderte es Nienaß. Das erhöhe den Druck auf Staaten, die auf EU-Gelder angewiesen seien, wie es beispielsweise bei Polen der Fall ist. Das Land, das 2004 der EU beitrat, ist einer der größten Nettoempfänger – also ein Staat, der von der EU mehr Geld ausgezahlt bekommt, als er an die Gemeinschaft an Abgaben zahlt. Strafzahlungen, die durch einen Verstoß gegen die Grundwerte und Prinzipien erhoben werden, können den politischen Druck daher erhöhen.

Wegen einer umstrittenen Justizreform verhängte der Europäische Gerichtshof im Oktober dieses Jahres eine Geldstrafe gegen Polen, die definitiv beglichen werden muss: Eine Million Euro pro Tag, solange weiterhin gegen EU-Recht verstoßen wird. Wenn nicht gezahlt wird, wird das Geld stattdessen aus den EU-Zahlungen abgezweigt – finanziell tue das weh, so Nienaß. Doch der Vorsitzende der Parlamentariergruppe der Europa-Union sah diese Maßnahme auch kritisch: Denn was wäre nun, wenn Deutschland eine Geldstrafe bekäme? Nach Berechnungen der dpa wurden 2020 etwa 9,5 Milliarden Euro von Deutschland an die EU gezahlt. Länder wie Polen (und auch Ungarn) sind auf dieses Geld angewiesen, Deutschland eher weniger. Eine Geldstrafe hätte also weitaus weniger Effekt als es aktuell bei Polen der Fall ist. Nienaß sah deshalb Handlungsbedarf: „Wir brauchen härtere Maßnahmen.“ Mehr, als „nur“ finanzielle Strafen.

[Darüber hinaus diskutierten die Teilnehmenden mit den beiden Mitwirkenden Fragen rund um die Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger, sich proaktiv für Rechtsstaatlichkeit als Teil der demokratischen Grundordnung der EU einzubringen. Zudem konfrontierten die Teilnehmenden Heidbreder und Nienaß mit der Frage, ob ein Austritt Polens aus der EU wahrscheinlich sei.]

„Nein“ und „Nein.“ – Einen Austritt Polens aus der EU sahen weder Prof. Dr. Eva Heidbreder noch Niklas Nienaß. Denn beide haben Vertrauen – etwas das die europäische Gemeinschaft ausmacht und heutzutage mehr denn je braucht. Vertrauen darauf, dass sich alles wieder in die richtigen Bahnen lenken lässt. Ist die EU also noch Garant für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit? Vielleicht war sie es nie, aber sie kämpft darum, diese Werte und Prinzipien auch in Zukunft aufrechtzuerhalten.

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Der Online-Bürgerdialog wurde moderiert von Pia Schulte, freie Moderatorin. Kurze Meldungen und Fotos live vom Online-Bürgerdialog finden Sie auf unseren Kanälen in den sozialen Medien: Twitter, Facebook und Instagram.

Die entwickelten Ideen und Forderungen der Teilnehmenden finden Sie auf der mehrsprachigen Online-Plattform der Konferenz zur Zukunft Europas. Bitte zögern Sie nicht, sich auf der Plattform zu registrieren, die Ideen zu kommentieren oder eigene Forderungen einzubringen.

Ein breiter und offener Dialog ist uns wichtig, daher arbeiten wir mit einer Vielzahl von Partnern aus Politik und Zivilgesellschaft zusammen. Die Veranstaltung ist Teil der Bürgerdialogreihe „Europa - Wir müssen reden!“ und wurde von der Europäischen Union kofinanziert und vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung unterstützt. Weitere Informationen zu unserer bundesweiten (Online-)Bürgerdialogreihe „Europa – Wir müssen reden!“ und alle aktuellen Termine finden Sie hier.