Vor allem über die Transparenz der TTIP-Verhandlungen wurde heiß diskutiert. Lutz Güllner von der Generaldirektion Handel erklärte, die Europäische Kommission habe die Transparenz verbessert. So sei inzwischen das Verhandlungsmandat veröffentlicht. „Die Europäische Kommission handelt im Auftrag der Mitgliedstaaten der EU“, erinnerte Lutz Güllner. Das Verhandlungsmandat sei von den Mitgliedstaaten einstimmig verabschiedet worden. Zudem gehe in die laufenden Verhandlungen keine Position ein, die nicht vorher mit den Mitgliedstaaten und auch dem Europäischen Parlament abgestimmt sei.
Trotzdem ist die Unzufriedenheit weiterhin groß. Die grüne Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner und Jürgen Maier vom Bündnis TTIP Unfairhandelbar betonten, die unternommenen Schritte seien unzureichend und nur auf den Druck der Zivilgesellschaft hin zu Stande gekommen. „Wenn jemand etwas für die Transparenz bei TTIP getan hat, dann waren wir das. Wir haben das Verhandlungsmandat schon ein Jahr vor der Kommission veröffentlicht“, unterstrich Maier. Verhandlungsdokumente würden geheim gehalten, weil darin Dinge stünden, die nicht populär seien, sagte Maier. Er kritisiert, dass die Verhandlungsmandate ohne Beteiligung von Parlamenten und Zivilgesellschaft verfasst würden. „So etwas ist antiquiert. In einem modernen demokratischen Staat geht das nicht“, so Maier.
Weiterhin umstritten bleiben auch die Schiedsgerichte. Mitte September hatte die Europäische Kommission einen neuen Vorschlag dazu veröffentlicht. Dieser sieht unter anderem eine Berufungsinstanz und einen transparenten Ernennungsprozess von Richtern vor. Franziska Brantner blieb bei ihrer Ablehnung. „Wir brauchen zwischen den USA und Europa keine Extragerichte“, so die Abgeordnete. Der Rechtsweg über die ordentlichen Gerichte sei in den USA und der EU möglich.
Die Automobilindustrie spielte in der Diskussion eine besondere Rolle, da sie ein großer Arbeitgeber im Bundesland ist. Mit dem Abschaffen von Zöllen im Rahmen eines Freihandelsabkommens entfielen allein für die deutsche Automobilbranche Kosten in Höhe von einer Milliarde Euro, argumentierte Sabine Jost-Heil von der Daimler AG. Die Abschaffung von nichttarifären Handelshemmnissen würde die Branche ebenfalls positiv beeinflussen. Dies gelte besonders für den Mittelstand, unterstrich Hans-Ulrich Rülke, FDP-Fraktionschef im Landtag Baden-Württemberg. „Freihandel ist für den Mittelstand noch wesentlich essentieller als für die Großindustrie“, so Rülke.
Nach einführenden Impulsen hatte das Publikum Gelegenheit in offenen Gesprächskreisen mit den Experten aus dem Pro- und Kontralager zu diskutieren. Weitere Gesprächspartner waren Vertreter von Mehr Demokratie, dem Staatsministerium Baden-Württemberg, dem Bundesverband der grünen Wirtschaft, dem Städtetag Baden-Württemberg, der American Chamber of Commerce in Germany, dem Deutschen Gewerkschaftsbund Baden-Württemberg, der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg und der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart.
Veranstaltet wurde der Bürgerdialog in Stuttgart von der überparteilichen Europa-Union Deutschland in Zusammenarbeit mit der Europa-Union Baden-Württemberg und ihrem Kreisverband Stuttgart, der Landeshauptstadt Stuttgart, dem Deutsch-Amerikanischen Zentrum und dem Europa Zentrum Baden-Württemberg. Mit den TTIP-Bürgerdialogen möchte die Europa-Union Deutschland den breiten gesellschaftlichen Austausch über das Freihandelsabkommen fördern und so einen Beitrag zu mehr Transparenz leisten. Nächste Stationen der bundesweiten Reihe sind München, Ingelheim und Berlin.
Das Programm des Bürgerdialogs mit allen Akteuren können Sie hier abrufen. Weitere Eindrücke finden Sie auf Facebook und Twitter.