Europapreis-Verleihung mit PEN-Präsident Haslinger und Regisseur Nicolas Stemann

Am 19. Oktober verlieh Europa-Professionell, Hauptstadtgruppe der Europa-Union Deutschland, in Berlin die Europapreise 2015. Das PEN-Zentrum Deutschland wurde für seinen Aufruf für eine humane Asylpolitik in Europa ausgezeichnet. Preisträger in den Kategorien Europäische Jugendarbeit und bürgerschaftliches Engagement waren die EuroPeers und das transnationale Projekt „Die gewollte Donau“. Der Negativpreis Europa-Distel wurde in Abwesenheit der Alternative für Deutschland (AfD) verliehen.

Preisträger, Laudatoren und Redner der Europapreis-Verleihung 2015. © Europa-Union Deutschland

Die Europa-Lilie für die herausragendste europapolitische Leistung ging an das PEN-Zentrum Deutschland für seinen Aufruf „Schutz in Europa“. Der Appell aus dem Jahr 2014 wurde von mehr als 1000 Autoren europaweit unterstützt und dem Europäischen Parlament sowie den nationalen Regierungen übergeben. Vor dem Hintergrund wachsenden Flüchtlingselends hatte die Verleihung eine besondere Aktualität. Laudator Nicolas Stemann, der sich 2014 bei seiner Inszenierung des Stückes „Die Schutzbefohlenen“ von Elfriede Jelinek selbst intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hatte, schloss sich der Kritik des PEN-Zentrums an der aktuellen Asyl- und Flüchtlingspolitik in der EU an. „Diese Politik kostete Zigtausend Menschen das Leben und wird es weitertun“, sagte Stemann. Die Auszeichnung verstehe er als Ermutigung an Künstler und Intellektuelle, sich zu diesem Thema weiter zu engagieren. Die Forderungen, die in dem Appell so dringlich formuliert würden, seien nicht erfüllt, so Stemann.

PEN-Präsident Josef Haslinger, der den Preis entgegennahm, zog in seiner Initiates file downloadRede eine kritische Bilanz der europäischen Flüchtlingspolitik. Die Forderungen des PEN-Zentrums nach legalen Fluchtwegen hätten anders als in Brüssel bei den europäischen Staats- und Regierungschefs kein Gehör gefunden, bedauerte Haslinger. Besonders bei der Übergabe der Resolutionen an die nationalen Regierungen sei dies deutlich geworden. Mit Blick auf die politisch Verantwortlichen in den Mitgliedstaaten sagte Haslinger: „Diejenigen, die von Brüssel eine europäische Flüchtlingspolitik einfordern, seien daran erinnert, dass sie selbst es waren, die diese verhindert haben.“ Europa gehe nicht unter, wenn es zwei Millionen Flüchtlinge aufnehme, aber es gehe unter, wenn es die gemeinsamen Grundwerte aufgebe, unterstrich der PEN-Präsident. „Wir müssen eine funktionierende Einwanderungsgesellschaft werden“, sagte Haslinger. Jetzt sei der Zeitpunkt für Europa, in der Welt anzukommen.

Die Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner hielt die Laudatio für die EuroPeers, die mit der Europa-Lilie für europäische Jugendarbeit ausgezeichnet wurden. EuroPeers informieren andere Jugendliche in ihrer Freizeit über EU-Jugendprogramme, an denen sie selbst teilgenommen haben und motivieren so andere junge Menschen, ebenfalls Erfahrungen in Europa zu sammeln. Brantner lobte das Engagement der Jugendlichen für Europa und den europäischen Jugendaustausch. Sie sprach sich dafür aus, ehrenamtliche europäische Arbeit immer auch mit antirassistischer Arbeit zu verknüpfen. Dies sei nötig, weil die Gegenseite dies tauch täte. „Wir müssen für die EU streiten und die Grundrechte, auf die wir uns nach Art. 2 berufen“, bekräftigte Brantner. Mit großem Enthusiasmus berichteten anschließend Mustafa Eren, Marie Jelenka Kirchner, Eva Nelles und Natascha Schmitt von den Aktivitäten und Projekten, die sie gemeinsam mit anderen EuroPeers umsetzen.

Die Europa-Lilie für bürgerschaftliches Engagement ging an das transnationale Projekt „Die gewollte Donau“. Die Europaabgeordnete Evelyne Gebhardt, Vorsitzende der Europa-Union Baden-Württemberg, zeigte sich in ihrer Laudatio beeindruckt von dem großen Engagement der Organisatoren. Durch das Projekt würden Menschen im Donauraum persönlich angesprochen und motiviert, sich besser kennenzulernen und aufeinander zuzugehen, lobte Gebhardt. Im Rahmen des Projektes hatten rund 6000 Menschen aus allen Donauländern in Handarbeit ein 1500 Meter langes wollenes Freundschaftsband geschaffen. An der Aktion beteiligten sich Menschen aller Altersgruppen, sozialer Lagen und Ethnien. Projektkoordinatorin Carmen Stadelhofer, die den Preis stellvertretend für alle Projektpartner entgegennahm, berichtete von den vielfältigen Aktivitäten der Kooperationspartner und unterstich: „Es ist wichtig, dass wir alle uns für ein geeintes Europa einsetzen“.  Diese Überzeugung habe sie motiviert, im Donauraum aktiv zu werden.

Der Negativpreis ging 2015 an die Alternative für Deutschland (AfD). Die Europa-Distel habe sich in diesem Jahr gewandelt, sagte EUD-Generalsekretär Christian Moos in seiner Initiates file downloadBegründung. „Die Partei, die diesen Preis erhalten sollte, gibt es nicht mehr“, so Moos. Die neue AfD sei zu gefährlich, als dass man bei ihr bloß von einem „europapolitischen Faux-Pas“ sprechen könne. „Die neue AfD schürt den Hass und ist eine Gefahr für unser Land“, so Moos. Die Europa-Union sehe die bisherigen Preisträger der Europa-Distel nicht einmal ansatzweise auf einer Ebene mit dieser extremistischen Partei.

Der Abend endete mit einer Rede von Ulrike Guérot vom European Democracy Lab zur Frage „Europa: anders?“ Ausgehend von der These „Europe is broken“ warb sie dafür, das europäische Projekt neu zu denken und stellte ihr Konzept einer Res Publica Europaea vor.

Die Preisverleihung fand in feierlichem Rahmen auf Einladung von Peter Friedrich, Minister für Bundesrat, Europa und internationale Angelegenheiten von Baden Württemberg, in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund statt. Europa-Professionell dankt der Landesvertretung Baden-Württemberg und allen Beteiligten für diesen unvergesslichen Abend.
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