Schon vor drei Jahren waren erste Kontakte zwischen der Europa-Union Sachsen (EUD SN) und der Union der Europäischen Föderalisten der Tschechischen Republik (UEF CZ) sowie zwischen den Jungen Europäischen Föderalist:innen (JEF) aufgenommen worden. Beide Seiten hatten Interesse an einer Zusammenarbeit, doch man wusste noch zu wenig voneinander. Um dies zu ändern, wurde eine gemeinsame Tagung ins Auge gefasst, auf der sich die Akteure über die jeweiligen Themen, Aktivitäten und Strukturen austauschen und persönlich kennenlernen können. Dank der finanziellen Unterstützung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds konnte am 16./17. Dezember 2022 eine Konferenz der sächsischen und tschechischen Föderalist:innen durchgeführt werden. Sie fand größtenteils in der Evangelischen Tagungsstätte in Dresden statt, wo die Teilnehmer auch übernachten und essen konnten.
An der Konferenz nahmen insgesamt 15 Personen teil, von deutscher Seite sechs und von tschechischer Seite neun Personen. Konferenzsprache war überwiegend Englisch.
Anhand einer Präsentation mit dem Titel: „EUD – Who we are?“ erläuterte die Vorsitzende der der Europa-Union Sachsen, Katharina Wolf, die Strukturen der Europa-Union auf Bundes-, Landes- und Kreisebene ebenso wie Fragen der Tätigkeiten, der Finanzierung, der Öffentlichkeitsarbeit und der Rechtsform als gemeinnütziger Verein. Auch die UEF Tschechien sei ein Verein, berichtete Ivo Kaplán, Generalsekretär der UEF Tschechien. Doch seien die Regelungen in Tschechien nicht mit den Deutschen vergleichbar. Öffentliche Förderung oder öffentliches Fundraising wie in Deutschland gibt es nicht (Ausnahme: Sportvereine). Projektförderungen sind möglich. Es sei jedoch einfacher, von Nichtregierungsorganisationen finanzielle Unterstützung zu bekommen als von der öffentlichen Hand. Die UEF Tschechien besteht aus lediglich 15 Vereinsmitglieder in ganz Tschechien. Sie engagiert sich auch aktiv im europäischen Dachverband. Die JEF Tschechien pflegt bereits eine Kooperation mit der JEF Bayern/Passau. Beide Seiten treffen sich einmal jährlich mal in Prag, mal in Passau. Inhaltlich engagiert sich die tschechische Seite im Europäischen Netzwerk gegen Armut. Soziale Fragen seien in der EU zu lange vernachlässigt worden, da primär die Wirtschaft im Fokus stand. Noch während des Abendessens wurde lebhaft über europapolitische und grenzübergreifende Themen diskutiert.
Am zweiten Tag stand zunächst die tschechisch-sächsische Zusammenarbeit auf der Tagesordnung. Thomas Gneipelt (Europe-Union Sachsen, Verbindungsbüro des Freistaates Sachsen in Tschechien) stellte die verschiedenen Institutionen und Akteure auf beiden Seiten der Grenze vor: Sächsisch-tschechische Arbeitsgruppe auf Regierungsebene, die Landesdirektion Sachsen, die tschechischen Regionalverwaltungen, die Euroregionen sowie das sächsische Verbindungsbüro. In der Diskussion stellte sich heraus, dass diese Foren der grenzübergreifenden Zusammenarbeit weitgehend unbekannt sind. Wissenslücken bestehen auch über das Nachbarland und bereits bestehende Kooperationen. Es ist daher erforderlich, das Interesse der Menschen zu wecken und auf die Möglichkeiten und Förderungen des Coming together hinzuweisen.
Nach der Kaffeepause beschäftigten sich die Teilnehmer mit den aktuellen Themen der tschechischen, deutschen und europäischen Politik. Als besonders wichtige Themen wurden von allen Teilnehmern die Europäische Verteidigungs- und Energiepolitik vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, der Umgang mit Migranten und Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen und bei der Aufnahme und Betreuung vor Ort sowie die Rolle der vier Visegrád-Staaten hervorgehoben.
Am Ende der Tagung ging es um die Frage, auf welchen Gebieten die sächsischen und tschechischen Europäischen Föderalist:innen künftig kooperieren könnten. Vorgeschlagen wurden vier Themen: Schaffung einer EU-Verfassung, Stärkung und Ausbau eine sozialen Europas, Europäische Identität/Europäische Werte sowie die schulische Bildung im Bereich Demokratie und Europa. Die große Mehrheit entschied sich für das letztgenannte Thema. Insbesondere die tschechischen Teilnehmer:innen sehen eine Notwendigkeit, in den Schulen mehr über Europa, die Europäische Union und Demokratie zu vermitteln. In den Ländern des ehemaligen Ostblocks gebe es hier Defizite. Es sollte ein Konzept zur politischen Bildung in Schulen entwickelt und auch umgesetzt werden. Daher wird angestrebt, die Schul- bzw. Kultusministerien in Sachsen und Tschechien einzubeziehen.
Als Follow-up wurde festgehalten, unter Federführung der UEF Tschechien eine Folgeveranstaltung in Prag zum Thema „How it is to be citizen“ durchzuführen. Die Räume des sächsischen Verbindungsbüros stehen hierfür zur Verfügung. Da die Schulsysteme in Deutschland und Tschechien recht unterschiedlich sind, sollte ein Best-Practice-Austausch unter Teilnahme von Verantwortlichen aus den Ministerien organisiert werden. Des Weiteren wurde festgelegt, sich gegenseitig über Aktivitäten zu informieren und zu Veranstaltungen einzuladen.
Natürlich sollten die tschechischen Gäste auch Gelegenheit bekommen, ein wenig von Dresden kennenzulernen. So wurde am Abend des ersten Tages ein Bummel über den Dresdner Weihnachtsmarkt unternommen. Am Nachmittag des zweiten Tages brachen die interessierten Teilnehmer nach Moritzburg auf und besuchten dort das Schloss Moritzburg mit seiner Ausstellung zum Film „Drei Nüsse für Aschenbrödel“, einer der bekanntesten deutsch-tschechischen Koproduktion überhaupt.