60. Bundeskongress der Europa-Union Deutschland

Der 60. Bundeskongress der Europa-Union Deutschland tagte am 25./26. April 2015 in Memmingen. In der Stadt der Menschenrechte im schwäbischen Teil Bayerns spielt Europa eine besondere Rolle. Wie europäisch Memmingen tickt, zeigte sich bereits am Samstagvormittag in den Gesprächskreisen „Europa vor Ort“. Lokale Akteure stellten den Kongressteilnehmern ihre innovativen Projekte zur Europabildung in Schule und Kindergarten vor. Bereits am Freitag hatten Ehrenamtliche von Europa-Union und JEF im Memminger Vöhlin-Gymnasium mit der 11. Jahrgangsstufe eine Europadebatte veranstaltet. Im zweiten Gesprächskreis präsentierte sich mit der Firma Magnet-Schultz die Memmingen Wirtschaft, die mit vielen mittelständischen Unternehmen eine starke europäische Ausrichtung besitzt.

Am Nachmittag eröffnete Rainer Wieland den 60. Bundeskongress. Er dankte dem Oberbürgermeister der Stadt Memmingen, Ivo Holzinger, für das „Feuerwerk der Gastfreundschaft“, das den 250 Delegierten und Gästen von der europafreundlichen Kommune bereitet wurde. Zahlreiche Städtepartnerschaften zeichnen die Stadt aus, die seinerzeit auch eine der ersten in Bayern war, die einen Ausländerbeirat ins Leben rief. Zur europäischen Prägung der Stadt trägt auch der aktive Kreisverband der Europa-Union bei. „Die Europa-Union ist in Memmingen ein großer gesellschaftlicher Faktor“, bekräftigte Oberbürgermeister Holzinger. Wie vielfältig die Arbeit des Memminger Kreisverbandes ist, erfuhren die Delegierten vom örtlichen Kreisvorsitzenden Lajos Oszlári.

„Europa hat sich in schwierigen Zeiten bewährt und fortentwickelt“, unterstrich EUD-Präsident Wieland in seiner Eröffnungsrede und forderte mehr Handlungs- und Gestaltungssouveränität für Europa. Dafür müsse keine nationale Souveränität geopfert werden. „Für ein mehr an europäischer Souveränität, die jedem nutzt, müssen wir uns nur von der Illusion einer nationalen Souveränität verabschieden“, erklärte Wieland. Dies hieße aber nicht, dass der Nationalstaat seine Bedeutung verliere, denn dort gebe es nach wie vor genug zu regeln. Die aktuellen Krisen seien kein Versagen Europas, sondern ein Versagen der Nationalstaaten, machte Wieland deutlich.

"Frieden ist keine Selbstverständlichkeit", betonte Festredner Gerd Müller . Der Bundesentwicklungsminister erinnerte daran, dass für Memmingen auf den Tag genau vor 70 Jahren der zweite Weltkrieg endete, als mutige Bürger die Friedensflagge hissten. „Die Europa-Union ist eine Friedensorganisation“, sagte Müller und dankte all den Mitgliedern, die sich über Jahre und Jahrzehnte dem Friedensgedanken verschrieben haben. Für Gerd Müller, der selbst seit 30 Jahren der Europa-Union angehört, steht Europa für Frieden, Freiheit und die Einhaltung der Menschenrechte. „Wir müssen diese Friedensarchitektur weiterentwickeln“, forderte der Entwicklungsminister. Einen Akzent setzte er auf das Thema Flüchtlingspolitik. Hier zeige sich, ob die EU als ‪Wertegemeinschaft‬ ihre Würde bewahre. „Das Mittelmeer darf nicht zum Friedhof Europas werden", sagte Müller. Er habe es als Fehler empfunden, dass „Mare Nostrum“ beendet wurde. Die Flüchtlingsströme seien keine Zeiterscheinung, sondern eine epochale Herausforderung, betonte der Bundesentwicklungsminister mit Blick auf die drohende Klimakatastrophe und die schlechten Lebensbedingungen der Menschen in vielen Staaten. Um die Probleme in den Entwicklungsländern zu lösen, müsse der Welthandel gerechter gestaltet werden. Er sei daher für „fairen statt freien Handel“. Multinationale Konzerne müssten zu sozialen und Umweltstandards verpflichtet werden. ‪Derzeit besäßen zehn Prozent der Menschheit 90 Prozent des Vermögens und 20 Prozent der Menschen nutzten 80 Prozent der Ressourcen für ihren Wohlstand. „Wir brauchen einen neuen Weltzukunftsvertrag“, forderte Müller. Die Millenniumsentwicklungsziele müssten hierin fortgeschrieben werden. Man müsste sich auf eine Welt ohne Hunger in Gleichberechtigung und Frieden verpflichten, eine Welt, die jungen Menschen Bildung und Perspektiven gebe. Auch die Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels in der Klimapolitik sei dafür unerlässlich. Die Rede von Bundesminister Müller finden Sie hier.

In der Kaffeepause überraschte die Europa-Union Memmingen die Delegierten mit einer Europatorte. Anschließend tauschen sich Delegierte und Gäste in Arbeitsgruppen zu den Themen Europäische Außen- und SicherheitspolitikEuropäische Entwicklungszusammenarbeit, Flüchtlings- und MigrationspolitikSoziales Europa und Europäische Wirtschaftspolitik aus.

Die Plenarsitzung am Abend wurde vom Vorsitzenden der Europa-Union Bayern, Markus Ferber, eröffnet. Er hieß die Delegierten in Bayern willkommen und freute sich über das gute Verhältnis zwischen dem Bundesverband und dem Landesverband, das in den letzten Jahren weiter ausgebaut worden sei. Die Flüchtlingsproblematik, die eines der bestimmenden Kongressthemen war, sei auch auf der bayerischen Landesversammlung intensiv diskutiert worden. Ähnlich wie es auch der Bundesentwicklungsminister formuliert habe, müsse das Mittelmeer seiner Meinung nach wieder stärker als vereinigendes Element zwischen Europa und seinen Nachbarkontinenten wahrgenommen werden.
 

Berichte des Präsidenten und des Generalsekretärs

EUD-Präsident Rainer Wieland bezeichnete den ersten Bundeskongress in Bayern seit fast 20 Jahren als einen verbandspolitischen Meilenstein. Wieland wünscht sich den weiteren Ausbau erfolgreicher Strukturen im Gesamtverband. In allen Landesparlamenten sollten EUD-Parlamentariergruppen eingerichtet werden und auch das Format Europa-Professionell müsse in den Landesverbänden ausgeweitet werden. Er freute sich, dass die Angebote des Bundesverbandes von den Gliederungsverbänden besser angenommen würden. „Wir müssen eine Marke bilden“, unterstrich Wieland und lud die Landes- und Kreisverbände ein, sich weiterhin aktiv an bundesweiten Aktionen zu beteiligen.

Generalsekretär Christian Moos hob die erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit des Bundesverbandes hervor, darunter Formate wie die TTIP-Bürgerdialoge und die Straßenaktion „Europa mitbeStimmen“. Er sieht noch viel Potenzial, den Austausch von „Best Practices“ zu intensivieren, und möchte künftig verstärkt Netzwerke innerhalb des Verbandes knüpfen, um das Potenzial der Europa-Union voll auszuschöpfen. „Der Verband muss sich von unten nach oben entwickeln“, so Moos.

Wahlen

Im Memmingen wählten die Delegierten ein neues Präsidium. EUD-Präsident Rainer Wieland und seine Stellvertreter Eva Högl, Ernst Johansson und Thomas Mann wurden im Amt bestätigt. Auch Generalsekretär Christian Moos und Schatzmeister Joachim Wuermeling wurden wiedergewählt. Neu im Präsidium sind Harm Adam, Bernhard Freisler, Simone Thiel und Inga Wachsmann. Die Zusammensetzung des Gesamtpräsidiums finden Sie in unserer Pressemitteilung.

 

 

 

Beschlüsse

Die Delegierten befassten sich beim Bundeskongress mit zahlreichen Anträgen. Die Themen reichten von Flüchtlingspolitik und Entwicklungszusammenarbeit bis hin zu Europäischer Wirtschafts- und Verteidigungspolitik. Die Delegierten kritisierten zudem die französische Regierung für ihre Pläne zur Reduzierung des bilingualen Unterrichts an Mittelschulen (s. Pressemitteilung). Einen Überblick über alle Beschlüsse erhalten Sie hier.

 

Staatsempfang

Am Samstagabend lud die Bayerische Europaministerin Beate Merk die Delegierten ein zum Staatsempfang im historischen Rathaus der Stadt Memmingen. Alle Teilnehmer konnten sich dort im Anschluss in das Gästebuch der Stadt Memmingen eintragen.

Ehrungen

Im Rahmen des Bundeskongresses wurden die beiden scheidenden Präsidiumsmitglieder Wolfgang Zapfe und Ulla Kalbfleisch-Kottsieper mit der Europa-Union Medaille für ihr herausragendes Engagement für den Verband und die europäische Einigung ausgezeichnet. Ulla Kalbfleisch-Kottsieper gehörte seit 2001 dem EUD-Präsidium an. Wolfgang Zapfe ist Landesvorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen und einer der Sprecher der AG Europapädagogik.

Medienecho

Der Bundeskongress traf in der örtlichen Presse auf große Resonanz. Den Beitrag von TV Allgäu können Sie hier abrufen. Weitere Berichterstattung finden sie in der Rubrik Pressestimmen.

Die Twitter-Diskussion zum Bundeskongress finden sie hier. Weitere Eindrücke vom Kongress erhalten Sie auf unserer Facebook-Seite.