Resolution zu Libyen

Beschluss des Präsidiums vom 18.03.2011 (PDF-Datei)

Nach Ägypten und Tunesien hat sich auch Libyens Bevölkerung für den Weg der Freiheit entschieden. Anders als in seinen Nachbarländern stellt sich der am längsten herrschende Diktator Afrikas gegen die eigene Bevölkerung. Angeworbene Söldner und regierungstreue Truppen führen die Weisung des Despoten aus, die Aufständischen mit allen Mitteln niederzuringen. Längst ist der Internationale Strafgerichtshof eingeschaltet, um massive Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verfolgen. Hundertausende sind bereits auf der Flucht, viele stranden in den Flüchtlingslagern Nordafrikas, etliche erreichen die südeuropäische Küste. Die aufständischen Stämme haben sich im Nationalen Übergangsrat Libyens zusammengetan und versuchen, als alternative Stimme Libyens in der internationalen Staatengemeinschaft Gehör zu finden.

Egal, welche Seite sich durchsetzen wird, es ist unklar, wie Libyens Zukunft aussieht. Sicher ist, menschenrechtsorientierte Politik ist mit Gaddafi nicht möglich ist, sein Rücktritt ist für eine friedliche Zukunft unerlässlich. Doch damit ist es nicht getan: Der Weg von einem diktatorisch regierten, bürgerkriegsgebeutelten Land zu einer rechtsstaatlichen Demokratie ist ein langer.

Die Europa-Union bedauert, dass im Falle Libyen einmal mehr ein gemeinsames europäisches Handeln nicht möglich war. Die EU muss als aktiver Nachbar und weltweit führende Expertin auf dem Gebiet der zivilen Krisenbewältigung ein starkes Engagement in Libyen anstreben. Europa darf nicht tatenlos zusehen, wie Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Die Situation in Libyen erfordert das dringende Handeln der internationalen Staatengemeinschaft.

Die Europa-Union Deutschland fordert daher:

1. Die EU muss sich für eine Durchsetzung der Sanktionen wie ein Waffenembargo, das Einfrieren von Vermögenswerten oder ein Reiseverbot für Gaddafis Familie stark machen. Dabei muss vor allem die Hohe Beauftragte / Vizepräsidentin der Kommission Catherine Ashton die bestehenden Handlungsmöglichkeiten der GASP und ESVP einsetzen.

2. Die militärischen Auseinandersetzungen in Libyen können zu wachsenden
Flüchtlingsströmen führen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen ein
gesamteuropäisches Konzept zur vorübergehenden Aufnahme libyscher
Bürgerkriegsflüchtlinge vorlegen. Ziel europäischer Politik ist, dass die Menschen in
ihrem Land bleiben bzw. dorthin zurückkehren können, wo sie sehr gebraucht werden.

3. Zur Erfüllung der Schutzverantwortung für die gefährdete libysche Zivilbevölkerung hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einen deutlichen Beschluss gefasst, der verschiedenen Handlungsoptionen, einschließlich der Einrichtung einer Flugverbotszone, eine völkerrechtliche Basis schafft. Wirksame Sanktionen sind in diesem Beschluss enthalten. Die Europa-Union begrüßt ausdrücklich den Beschluss des UNSicherheitsrates zu Libyen.

4. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen sich nach Beendigung des Konfliktes in Libyen für den Wiederaufbau auf allen Ebenen stark machen. Die EU kann und muss das Wissen bei der Transformation von Staaten weltpolitisch zum Einsatz bringen. Sie kann einen erheblichen Beitrag zum Aufbau von Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvoller Staatsführung und Voraussetzungen einer verfassungsgemäßen Ordnung leisten.

5. Die Ereignisse in Nordafrika und den östlichen Anrainerstaaten auf der arabischen Halbinsel haben gezeigt, wie dringend notwendig eine Überprüfung und Neuausrichtung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) ist. Die ENP muss sich, ausgehend von den gemeinsamen europäischen Grundwerten, künftig stärker an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientieren.