„In dieser Welt können wir als Europäer nur gemeinsam eine Rolle spielen. Unsere Werte können wir nur gemeinsam hochhalten“, warb Walter Brinkmann von der Europa-Union Deutschland in seiner Eröffnung des Bürgerdialogs für die europäische Idee. Als überzeugter Europäer zeigte sich auch Klaus Herzog, Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg, der an die Schrecken des vor einhundert Jahren zu Ende gegangenen ersten Weltkriegs erinnerte. Damals waren junge Männer aus Aschaffenburg in den Krieg gegen die europäischen Nachbarn gezogen und erlebten entsetzliches Leid. Heute lebten in der Stadt Menschen aus 150 Nationen friedlich zusammen, so Herzog. Für den Oberbürgermeister gilt daher: „In Europa haben wir nur eine Zukunft, wenn wir zusammenbleiben und aus der Geschichte lernen.“
Jürgen Gmelch von der Vertretung der Europäischen Kommission in München machte darüber hinaus deutlich, dass die EU nicht nur in den großen Fragen relevant, sondern auch im Alltag der Menschen vor Ort präsent sei. So fördere die EU beispielsweise aus den Töpfen des Europäischen Sozialfonds das Projekt „maindigital“ der Hochschule Aschaffenburg, das die Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen aus der Region stärkt.
Aus dem Publikum kam auch Kritik an der EU, insbesondere mit Blick auf soziale Themen. Stefan Czogalla, Fachbereichsleiter Wirtschaft und Soziales beim dbb Beamtenbund und Tarifunion, zeigte hierfür Verständnis. „Europa ist bislang von vielen – und nicht ganz zu Unrecht – als ein Projekt wahrgenommen worden, das vor allem der Wirtschaft zugutekommt“, so Czogalla. Zugleich habe die EU aber wichtige Regelungen ermöglicht, die soziale Standards europaweit garantieren, z.B. beim Arbeitsschutz und der Leiharbeit. Zu einem Absinken von Standards dürften europäische Regelungen allerdings nicht führen, beispielsweise müsse Lohndumping in der EU bekämpft werden, forderte Czogalla.
Vor dem Hintergrund des bevorstehenden Austritts Großbritanniens aus der EU unterstrich Johannes Lindner von der Europäischen Zentralbank: „Der Brexit hat sehr hohe wirtschaftliche Kosten, denn die Realität einer europäisch verzahnten Wirtschaft zeigt, wie schwer es ist, diese Verbindungen aufzulösen.“ Für Lindner steht fest, dass die Mitgliedstaaten der EU von den gemeinsamen Regulierungen wirtschaftlich profitieren. Er erinnerte die Zuhörer daran: „Uns verbindet mehr in Europa als uns trennt.“
Mehrere Teilnehmende, die sich für die Zukunft die Gründung der Vereinigten Staaten von Europa wünschten, fanden im Aschaffenburger Kreisrat Stefan Noll, der sich zum europäischen Föderalismus bekannte, einen Mitstreiter. Christoph Wolfrum, Leiter des Stabs für EU-Grundsatzfragen im Auswärtige Amt, sah kurz- und mittelfristig allerdings keine Möglichkeit, um diese Idee für die EU zu verwirklichen. „Ich glaube, es ist wichtig, dass wir erst einmal Schritte machen, damit die EU für die Bürgerinnen und Bürger spürbare Ergebnisse liefert. Nur so schaffen wir Akzeptanz für die EU“, sagte Wolfrum. Hierfür sei es außerdem wichtig, betonte Noll, die junge Generation einzubeziehen. Interrailtickets, sind ein richtiger Ansatz, damit alle jungen Menschen Europa bereisen und erleben können“, so Noll.
Zum Abschluss des Bürgerdialogs bedankte sich Dieter Schornick, Vorsitzender der Europa-Union Aschaffenburg, bei allen Mitwirkenden und dem Publikum für den offenen Austausch und rief dazu auf, am 26. Mai 2019 bei der Wahl des Europäischen Parlaments zu „Europamachern“ zu werden. Er warb dafür, sich auch über die Wahl hinaus vor Ort gemeinsam für die europäische Idee zu engagieren und lud die junge Generation herzlich zur Gründung des Aschaffenburger Kreisverbands der Jungen Europäischen Föderalisten am 9. Dezember ein.
Moderiert wurde der Bürgerdialog von Katrin Küx vom Bayrischen Rundfunk und Jens Raab vom Main-Echo. Die Europa-Union Deutschland veranstaltete den Aschaffenburger Bürgerdialog in Zusammenarbeit mit der Europa-Union Bayern, ihrem Kreisverband Aschaffenburg, den Jungen Europäischen Föderalisten Bayern und der Stadt Aschaffenburg.