Plauen in Europa: Ein Bürgerdialog zur Europawahl 2024

Am 25. Mai 2024 fand in Plauen der letzte Bürgerdialog unserer fünfteiligen Reihe zur Europawahl statt. Im Rahmen des Europafests 2024 und des Europawahlforums der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung diskutierten die Teilnehmenden aus Plauen und der Umgebung bei unserem Bürgerdialog mit Robert Gampfer, Dr. Cornelius Huppertz, Markus Löffler und Steffen Schönicke über grenzüberschreitende Zusammenarbeit, EU-Fördermittel für die regionale Entwicklung sowie die europäische Klima- und Energiepolitik. 


Ihren Beginn fand die Veranstaltung in einer kurzen Begrüßung durch Ivo Vacík, Referent der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung im Bereich Europa/Internationales, und einleitenden Worten von Thomas Rußner von der Koordinierungsstelle für Demokratie Vogtland vernetzt. Auch die Graphic Recorderin Johanna Benz, die die Veranstaltung zeichnerisch dokumentierte, stellte sich und ihre Arbeit kurz vor. Anschließend teilten sich die Teilnehmenden auf die drei Thementische auf, um im World-Café-Format mit den anwesenden Experten und Teilnehmenden ins Gespräch zu kommen.

Am ersten Thementisch, welcher sich mit Fragen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und der Mobilität im Vogtland beschäftigte, boten Dr. Cornelius Huppertz, Leiter der Stabstelle Europa im Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung, und Steffen Schönicke, Geschäftsführer der Plattform für deutsch-tschechische Zusammenarbeit Euregio Egrensis, interessante Einblicke in ihre jeweiligen Arbeitsbereiche. Während Dr. Huppertz die Perspektive der Regierung und deren Projekte in der Grenzregion darlegte und dabei erläuterte, wie man in der Grenzregion beispielsweise von einer Vernetzung der Notdienste über die Grenzen hinweg profitieren kann, legte Herr Schönicke seinerseits das zivilgesellschaftliche Engagement seiner Plattform dar. Dazu zählen unter anderem Projekte im sprachlichen Bereich wie Schüleraustausche und Sprachbegleitung in den Kindertagesstätten zur frühkindlichen Gewöhnung an die „Nachbarsprache“. Unter den Teilnehmenden stellte sich sehr schnell heraus, dass die Mobilität schon innerhalb des Vogtlands, insbesondere zwischen kleineren, ländlichen Orten als sehr begrenzt wahrgenommen wird, ganz zu schweigen von grenzüberschreitenden Angeboten. Es gebe nicht ausreichend Bahnverbindungen, kleinere Orte werden oft gar nicht angefahren und auch die Unterschiede im Zahlungssystem beim öffentlichen Nahverkehr zwischen Thüringen und Sachsen innerhalb des Vogtlands seien ein Hindernis. Dies beinträchtige nicht nur die Pendler in der Region, sondern auch Touristen. Daraufhin wurden Ansprechpartner, Initiativen wie das 49€-Ticket und Anliegen sowie Projekte für die Zukunft diskutiert und der Wunsch nach einem an das Deutschlandticket angelehnten Europaticket wurde laut.

Am zweiten Thementisch drehte sich das Gespräch mit dem Experten Markus Löffler, Fachgebietsleiter für Stadtplanung und Umwelt der Stadt Plauen, um EU-Fördermittel für die regionale Entwicklung. Bestehende Unklarheiten bezüglich der Frage, wer überhaupt berechtigt ist, EU-Fördermittel zu beantragen und welche Fördermittel zur Verfügung stehen, wurden im Laufe des Gesprächs deutlich. Um die Stadtteile voranzubringen, erschien es den Teilnehmenden am Tisch besonders wichtig, für einheitlich(er)e Standards im Bereich der Bauprojekte zu sorgen, da Deutschland gerade im Vergleich zu Tschechien oft durch bürokratische Barrieren ausgebremst werde, die den Fortschritt verlangsamen. Beim Gespräch über weitere EU-Fördermittel, die für die Menschen in Plauen von besonderer Bedeutung sind, bestand Einigkeit darüber, dass Angebote für Jugendliche stärker gefördert und besser über diese informiert werden sollte, gerade auch bezüglich grenzüberschreitender Begegnungen und des Erasmus+-Programms. Einige der Teilnehmenden beklagten eine fehlende Präsenz der Abgeordneten vor Ort und eine daraus resultierende Distanz und Intransparenz. Um dieses Problem zu lösen, fiel die Idee, Stadtteilfeste zu veranstalten mit dem Ziel, über Fördermöglichkeiten zu informieren, den direkten Kontakt zu Abgeordneten herzustellen und auf diese Weise ganz verschiedene Altersgruppen anzusprechen.

Am dritten Thementisch ging es um die Energie- und Klimapolitik der EU. Neben einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema Tierschutz, dem Konsum von tierischen Produkten in der EU und der Subventionierung und Kennzeichnung von Bioprodukten wurden dort auch Themen wie die Kosten von Wärmepumpen, Ökosystemdienstleistungen, der Emissionszertifikatehandel und die Rolle des ÖPNV-Netzes für klimafreundliche Fortbewegungsmethoden diskutiert. Immer wieder wanderte der Blick dabei über die Grenzen hinweg zu den Nachbarländern, als Best Practice Beispiel in Sachen ÖPNV-Netz und Verlässlichkeit wurde beispielsweise die Schweiz genannt. Als zentrale Herausforderung entpuppte sich die Frage, wie die EU die Menschen bezüglich des Klimaschutzes ins Boot holen kann, ohne dabei erneut die negativ konnotierte Rolle des Maßregelnden einzunehmen. Positiv fielen dabei die Fortschritte durch den Wiederaufbaufonds der EU auf, mithilfe dessen die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Coronapandemie abgemildert und insbesondere klimafreundliche Projekte gefördert werden sollten. Der anwesende Tischexperte Dr. Robert Gampfer, der als politischer Referent der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland für die Bereiche Klima, Energie, Umwelt, Fischerei, Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Regionalpolitik tätig ist, gab interessante Einblicke in die Arbeit der Kommission und merkte an, dass Deutschland gerade im Verkehrssektor trotz bereits bestehender Technologien zur Emissionsreduktion hinterherhinkt. Es werde nach wie vor ein großer Schwerpunkt auf den Ausbau der Elektromobilfahrzeuge gelegt, während der Ausbau der zugehörigen Infrastruktur noch große Lücken aufweise.

An jedem der drei Thementische wurden im Laufe des Gesprächs drei Anliegen oder konkrete Handlungsempfehlungen der Teilnehmenden zu den spezifischen Themen gesammelt und ausformuliert. Anschließend fand im Plenum eine kurze Präsentation der Ergebnisse statt. Die Graphic-Recorderin Johanna Benz präsentierte die Zeichnungen, die sie während der Diskussion angefertigt hatte und die den Gesprächsverlauf auf humorvolle Weise illustrierten.
Nach einer einstündigen Pause, die zum Erkunden des Europafestes auf dem Hof des Malzhauses einlud und Snacks, Kuchen und Getränke für die Besucher*innen bereithielt, konnten die Teilnehmenden direkt ins Europawahlforum der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung starten. Die Handlungsempfehlungen, die die Teilnehmenden des Bürgerdialogs an den Thementischen erarbeitet hatten, wurden dort präsentiert, durch das Publikum gewichtet und an die anwesenden Europawahl-Kandidat*innen weitergegeben.

Der Bürgerdialog in Plauen wurde organisiert von der Europa-Union Deutschland e.V. in Kooperation mit der Europa-Union Sachsen und der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Europafests 2024 und des Europawahlforums der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung statt und wurde gefördert durch das Europäische Parlament und das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. 

Bericht: Eva Mall